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Klimaneutralität für Hamburg



Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein – das hat die Bundesregierung im novellierten Klimaschutzgesetz festgelegt. Bereits 2030 sollen 80 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien stammen. Dabei wird auf Solarenergie gesetzt. Viele deutsche Bundesländer haben deshalb ab dem Jahr 2022 oder 2023 eine Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen bei Neubauten und Dachsanierungen beschlossen.


Hamburg gehört zu den Vorreitern der PV-Offensive

Wer ab 01. Januar 2023 ein neues Gebäude in Hamburg baut, muss auf dem Dach eine Photovoltaikanlage installieren. Bei Bestandsimmobilien gilt ab 2025, dass Eigentümer bei einer Dacherneuerung nicht um den Einsatz von Solarmodulen herumkommen. Unter anderem mit einer Anhebung der Einspeisungsvergütung sollen Bauherren unterstützt werden, Grundstücks- und Hauseigentümer aus Hamburg warnen indes vor Gleichmacherei und mahnen ein differenziertes Herangehen an.


Neubauten und Bestandsgebäude

Alle Eigentümerinnen und Eigentümer von neuen Gebäuden mit Baubeginn nach dem 01. Januar 2023 und alle Eigentümerinnen und Eigentümer von Bestandsgebäuden, bei denen mit der vollständigen Erneuerung der Dachhaut nach dem 01. Januar 2025 begonnen wird, stehen vor neuen Herausforderungen. Ist die Bruttodachfläche größer als 50 m² und beträgt die Restnutzungsdauer 20 Jahre und mehr, ist eine Investition zwingend vorgegeben. Dafür soll es dann nach dem Willen der Politiker unter anderem eine Befreiung von der Einkommen- und Umsatzsteuer für alle Anlagen bis 30 kW auf Einfamilienhäuser, Garagen und Nebengebäude ab 2023 geben.


Bei Mehrfamilienhäuser und gemischt genutzten Gebäuden gilt darüber hinaus die Grenze bei 15 kW pro Wohn- und Gewerbeeinheit. Die Einnahmen aus Photovoltaikanlagen sollen steuerbefreit sein, wenn der erzeugte Strom voll ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht, oder von Mietern genutzt wird.


Verpflichtung führt zur Kritik bei den Stakeholdern der Immobilienbranche

In Hamburg gibt es demnach ab nächstem Jahr keine Ermessensfrage mehr, ob man in eine solche Anlage investieren möchte oder nicht. Aus Sicht der Interessenvertretung der Grundstücks- und Hauseigentümer ist diese Regelung, pauschal geltend für alle Betroffenen, allerdings eher kontraproduktiv zur Erreichung der vernünftigen Ziele, Sonnenenergie zu fördern.

Die Kritik zielt auf die Gleichmacherei dieser Verordnung, denn es werde nicht differenziert, wie unterschiedlich die finanziellen Möglichkeiten des jeweiligen Eigentümers sind. Die Regelung mache keinen Unterschied, egal ob Eigentümer eines Einfamilienhauses, Vermieter einer Wohnung, eine Genossenschaft, eine Eigentümergemeinschaft im Mehrfamilienhaus oder ein großes Wohnungsunternehmen mit mehreren Tausend Wohnungen.


Bei Selbstnutzern spielt zudem das Lebensalter eine nicht unerhebliche Rolle. Die Installation einer Solaranlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses inklusive Speicher im Keller kostet inzwischen circa 20.000 bis 30.000 Euro. Für die große Gruppe der Seniorinnen und Senioren kann somit die Finanzierung einer neuen Anlage zur Herausforderung werden. Fakt dürfte sein, dass bei machen der Amortisationszeitraum die Lebenserwartung überschreitet.

Zum Stichwort Gleichmacherei ist auch zu berücksichtigen, dass größere Wohnungsunternehmen im Gegensatz zu privaten Hauseigentümern in der Regel über deutlich mehr Investitionsmittel und mehr nutzbare Dachflächen verfügen. Die Energieeinsparpotentiale im Gebäudebestand sind indes enorm.


Hamburgs Wohngebäude werden bis 2045 klimaneutral

Der Hamburger Klimaplan gibt zur Zielerreichung im Bereich der Wohngebäude als ersten großen Schritt eine umsetzungsorientierte Machbarkeitsstudie vor. Die Ergebnisse liegen vor, die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) entwickelt nun Instrumente und Maßnahmen zur energetischen Ertüchtigung von Wohngebäuden, um Klimaneutralität für Wohngebäude bis 2045 zu erreichen.

Machbarkeitsstudie


Die Machbarkeitsstudie ist damit in Deutschland einzigartig. Sie liefert folgende Erkenntnisse für Hamburg:

  • Der Hamburger Wohngebäudebestand konnte in zwölf verschiedene Gebäudeklassen unterteilt werden, und es existieren nun dezidierte Datenblätter, in denen die Auswirkungen einzelner Sanierungsmaßnahmen auf die Kosten und die CO2-Emissionen in Kombination mit unterschiedlichen Formen der Wärmeversorgung hinterlegt sind.

  • Mehrfamilienhäuser verursachen circa 2/3 aller CO2-Emissionen der Hamburger Wohngebäude und verbrauchen circa 2/3 der gesamten Endenergie im Wohnsektor. Insgesamt sind circa 1/3 dieser Gebäude nicht oder nur gering saniert, das heißt circa 87.000 Hamburger Wohngebäude müssen in jedem Fall bis 2045 energetisch saniert werden. Ein weiteres Drittel ist nur teilweise saniert. Durch die Studie konnte nun eine Sanierungsabfolge für die energetische Sanierung entwickelt werden.

  • Der Anteil der Wohngebäude bis einschließlich 1986, die eine besonders erhaltenswerte Bausubstanz haben, beträgt circa 40 Prozent. Gebäude, bei denen aus stadtgestalterischen Gründen keine Fassadendämmung möglich ist, machen circa 12 Prozent des Bestandes aus. Hier muss mit anderen Sanierungsmaßnahmen angesetzt werden.

  • Potenziale für Quartiersansätze und den Fernwärmeausbau sind bei der Wärmeversorgung nun bekannt.

  • Es steht jetzt ein detailliertes Vollfinanzierungstool zur Verfügung, welches sämtliche Investitionskosten für die energetische Sanierung ermittelt.

Zielerreichung

Die Gutachter haben Vorschläge zur Zielerreichung erarbeitet, ihre wichtigsten Empfehlungen lauten:

  • Maßnahmen mit der größten Hebelwirkung sollten vorrangig umgesetzt werden. Dies betrifft zum einen die energetische Sanierung von Wohngebäuden der Baualtersklassen von 1949 bis 1978. Zum anderen ermöglichen geringintensive Maßnahmen wie ein hydraulischer Abgleich oder der Einsatz von Hocheffizienzpumpen bereits bis zu 20 Prozent an Einsparungen von Heizenergie und erzielen damit eine große Wirkung mit vergleichsweise geringem Aufwand. Die Sanierung von Bestandsgebäuden steht damit an erster Stelle.

  • Es wurde ein CO2-Entwicklungspfad zur Erreichung von Klimaneutralität bis 2045 für den Hamburger Wohngebäudebestand entwickelt, bei dem eine Sanierungsrate von 1,7 Prozent als ambitioniert, aber leistbar eingestuft wird. Damit einhergehend wurde auch die daraus resultierende Reduktion des Endenergieverbrauchs prognostiziert.

  • Bauteile sollten bevorzugt erst dann ersetzt und energetisch saniert werden, wenn sie nicht mehr einsatzfähig sind. Dies spart nicht nur CO2-Emissionen, sondern verursacht auch geringere Kosten für Mieterinnen und Mieter, da es sich dann um nicht umlagefähige Instandhaltungskosten handelt.

Die momentan volatile Bundesförderung sowie die Bundesförderung sowie die Herausforderungen auf dem Finanzmarkt und in der Bauwirtschaft erschweren die Anstrengungen für klimaneutrales Wohnen maßgeblich. Umso wichtiger ist es deshalb, dass die Stadt Hamburg durch diese Maßnahmen nun einen klaren Weg und Fahrplan zur Zielerreichung aufzeigt.

Quellen:

Immobilienverband Deutschland IVD, Blickpunkt Nord 4/2022


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